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Burcu ist mit ihrem "Friedensgarten" für die Stärkung von Randgruppen und einzelnen Menschen bekannt. Einigen scheint das ein Dorn im Auge zu sein. Sie wurde im Internet mehrmals mit Hassrede angegriffen. Der Tenor: Wer nicht ausschließlich Deutsch spricht und sich nicht bedingungslos auf "westliche Werte" beruft, lebe in einer Parallelgesellschaft und möge tunlichst den Mund halten oder besser noch das Land verlassen.
Burcu beschreibt die Hintergründe und ihre Gedanken dazu in dem folgenden Beitrag. Sie fordert angesichts von Hassrede im Netz die Offenlegung, die Solidarität und Mitgefühl erst möglich macht. Vor allem sieht sie den Staat und die Medien in der Pflicht, Hass-Posts zu stoppen und mehr dafür zu tun, dass sie sich in den Sozialen Medien gar nicht erst verbreiten können.
Eine obligatorische Antwort auf Hassrede
Ein Beitrag von Burcu Eke-Schneider
Im Jahr 2020 haben wir einen „Friedensgarten“ im Alevitischen Kulturzentrum in Wuppertal gegründet. Das Ziel war es dabei: 1.) gerechte und nachhaltige Lösungen für den Stadtumbau zu finden, um den Klimawandel zu bekämpfen, und 2.) mit Hilfe der Friedenswissenschaft neue Methoden des Dialogs zu entwickeln. Dieser Prozess begann mit der Erkundung der Bedeutung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs in/mit der Natur und entwickelte sich u.a. weiter zu einer wissenschaftlichen Forschungsarbeit.
Die Presse und die akademische Welt zeigten Interesse an diesen Studien. Infolgedessen besuchte Karin Jäger - eine Journalistin der Deutschen Welle - den Friedensgarten und schrieb in der Rubrik „Wissen & Umwelt“ einen Artikel über dieses multikulturelle, naturbasierte und transformative Konzept. In ihrem Artikel wies sie auf die Bedeutung solcher vielfältigen Stadtgärten für die Schaffung von Frieden, für den Kampf um Klimagerechtigkeit, für den Schutz der biologischen Vielfalt und für den Anbau gesunder Nahrungsmittel für künftige Generationen hin. Und sie führte das Wuppertaler Konzept des Friedensgarten als gutes Beispiel an.
Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Artikels kam es jedoch am 29. und 30. Juni 2020 auf einer alternativen Website (open-speech.com) zu rassistischen Angriffen durch die Moderatoren Turmfalke, Realist59 und Cherusker. Hier gab es abfällige Kommentare über das Grundkonzept des Urban Gardening, den Friedensgarten und auch über mich. Was genau geschrieben wurde, können Sie unter folgendem Link nachlesen:
https://open-speech.com/threads/805672-Integration-durch-urbanes-G%C3%A4rtnern-Da-w%C3%A4chst-was-zusammen?p=1816987&fbclid=IwAR3X8QoOLlVrEPTdWmSKNColreS1DSFXrPqLg2eVABuTfEmzupMeVMxblX0#post1816987
Vor kurzem gab es wieder einen Fall von massiver, negativer Rhetorik – diesmal auf Karin Jägers Facebook-Account (Karin Lilli Jäger Hammer). Ihr Thema? Ein Straßenname in Düsseldorf auf Arabisch! Ihre Posts entstanden als Reaktion auf den Hinweis einer Freundin (die in Wuppertal lebt und von Karin Jäger ebenfalls im Friedensgarten interviewt worden war) auf einige japanische Straßennamen in der japanischen Gemeinde in Düsseldorf. Meine Freundin fragte, warum es nicht möglich sei, einen arabischen Straßennamen in einer arabischsprachigen Gemeinde zu realisieren. Im Laufe der Diskussion mit meiner Freundin über die arabische Beschilderung hat Karin Jäger mich erwähnt und als negatives Beispiel dargestellt – und das, nachdem wir beide jahrelang keinen Kontakt hatten. Sie schrieb:
"Wir haben genug Problemfälle im eigenen Land. Und daher müssen wir nicht noch welche aus Ländern reinlassen, die unsere Werte und Kultur nicht akzeptieren. Wohnst Du nicht in Wuppertal, wo Muslime die Scharia einführen wollten? Und warst Du nicht beim Interview dabei, indem die aus der Türkei stammende Frau des Operndirektors und selbsternannte Friedensaktivistin, kein Wort Deutsch gesprochen hat, weil ihr die Sprache zu schwer erschien? Solche Leute, die in einer Parallelgesellschaft leben, möchte ich in Deutschland nicht haben....”
In Anbetracht dieses Diskurses halte ich es für wichtig, dass ich mich äußere – nicht nur in Bezug auf meine Sprachkenntnisse. Ich spreche meine Muttersprache, Türkisch, natürlich fließend. Ich spreche fließend Englisch. Und: Während des ursprünglichen Gesprächs mit Karin Jäger habe ich mit ihr Deutsch gesprochen. Dies ist jedoch nicht das Entscheidende. Vielmehr habe ich in meinen Studien erkannt und nachgewiesen, dass es von zentraler Bedeutung ist, die Sprachkenntnisse des Einzelnen in allen Phasen des Lernens zu respektieren. Dies ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um das Vertrauen aufzubauen, das notwendig ist, wenn eine belastbare Gemeinschaft gebildet werden soll. Ist man dazu nicht bereit, wird man scheitern.
Als Friedensarbeiterin untersuche ich, wie Gewalt entsteht und sich ausbreitet. Anschließend entwickle ich wissenschaftliche Dialogmethoden, die auf naturbasierten Lösungen beruhen. Nach meiner Erfahrung ist es wichtig, dass wir neue transformative Methoden zur Bekämpfung von Hassreden finden. Seit vielen Jahren setze ich mich für Gerechtigkeit, Redefreiheit, Menschenrechte usw. ein. Es ist dabei nicht das erste Mal, dass ich diskriminiert oder von Menschen auf der Seite der Macht beleidigt werde. Menschen, die sich nicht verändern wollen oder die Veränderungen hassen. In beschriebenen Fall liegt es in unserer Verantwortung, gegen diese Gewalt vorzugehen, ohne zurückzutreten. Dies ist unsere Pflicht!
An den obigen Ausführungen kann man sehen, wie einige Hassreden/Rassismus/Fremdenfeindlichkeit vor Jahren begannen, sich akkumulierten und schließlich auf einem erhöhten Niveau fortbestehen. Als jemand, der in der Presse gearbeitet hat, weiß ich, wie wichtig es ist, gegen Hassreden in all ihren zahlreichen Kommunikationskanälen vorzugehen, insbesondere in den sozialen Medien. Dies kann - und muss - auf verschiedene Weise geschehen:
1. AUFDECKUNG
Anstatt passiv zu sein, ist es wichtig, aktiv zu werden, indem man als Reaktion auf solche Arten von Hassreden und fremdenfeindlichen Angriffen die größtmögliche Öffentlichkeit sucht. Dies wurde zuerst von meiner Freundin umgesetzt, die mir den Facebook-Post Karin Jäger zukommen ließ. Anschließend habe ich dieses Problem auch in meiner eigenen Kommunikation (einschließlich der hier vorliegenden) sichtbar gemacht.
2. SOLIDARITÄT und MITGEFÜHL
Bei der Arbeit auf der Mikroebene ist es für den Einzelnen sehr gesund, diesen Prozess mit anderen zu teilen, da die Solidarität aus dem Umfeld den Menschen das Gefühl gibt, dass sie bei einem konstruktiven Widerstand nicht allein sind.
In meinem Fall gab es eine große Solidarität – u.a. durch den SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh und viele andere Akteure in Wuppertal.
3. VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN/HANDELN
Drittens müssen die zuständigen Behörden Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass die Hassrede so schnell wie möglich gestoppt wird. Die Deutsche Welle hat ihre Verantwortung übernommen, indem sie sich mich direkt kontaktiert und sich entschuldigt hat und Karin Jägers ursprünglichen Artikel über den Friedensgarten aus ihren Veröffentlichungen entfernt hat.
Die oben genannten "Schritte" sind als Notfall-Aktionsplan wichtig. Allerdings sind solche Aktivitäten alle "nach der Tat". Damit sich Hassreden nicht immer wiederholen, müssen auch strukturelle Veränderungen in den Medien vorgenommen werden (insbesondere in den sozialen Medien wie Facebook, Twitter, etc. sowie den dort zu findenden Fake-Accounts). Im Wesentlichen müssen die grundlegende Ethik und die Werte der Presse überdacht und in Friedensjournalismus und konstruktives Denken umgewandelt werden. Dazu gehören Beziehungen, die nach der Berichterstattung in den Medien aufgebaut werden, Präventivmechanismen gegen diejenigen, die soziale Medien und das Internet nutzen, um Hass zu verbreiten, und die Sicherstellung, dass es Menschen nicht erlaubt wird, die "Meinungsfreiheit" auf negative Weise zu nutzen.
© Text: Burcu Eke-Schneider
© Bild: Eigenes Foto der Verfasserin